Die erste Woche
Allmählich neigt sich der Morgen seinem Ende und ein jeder geht seinen Weg, um die Dinge zu tun, die darauf gewartet haben, dass endlich einmal der Sturm und Drang der Verfolgung, Expedition und des Kampfens eine Rast einlegt. Ob in die Bibliothek, die Tavernen der Stadt, den Tempel, in die Wildnis oder in die Werkstätten der Kunsthandwerker, Schmiede und Alchemisten, ein gepflügter Weg durch das winterilche Weiß führt dorthin.
%----------------------------------------------------------------------------------
Thordin und Kognoskula breiten sich ordentlich in dem Studierzimmer im Obergeschoss der Bibliothek aus. Auch Ginger ist in der Bibliothek, um Dimbles Willen, doch das eine kleine Zimmer ist für sie bedrängend, und so setzt sie sich lieber in den Büchersaal im Erdgeschoss neben eines der raumhohen Türenfenster. Mit etwas Diplomatie durfte sie sogar ihren Haschimi mitbringen. Trotz ihrer hervorragenden Kenntnisse um das Überleben in der Wildnis erfährt sie noch einige Interessante Details über Flora und Fauna nahe der Handelswege durch die Kron Hügel. Überlieferungen zu dem antiken Amazonenclan der Cuombaji sucht sie bislang noch vergeblich, doch sie hat eine Spur: eine alte Gnomenschrift berichtet von einem "geheiligten Land" eines anderen - nicht weiter beschriebenen - Volkes, beigfefügt ist sogar ein Lied welches als warnende Überlieferung zu dienen scheint. Die interessanten Strophen lauten:
"Das Schwert fest in der Hand
Sie richten jeden einzelnen Mann,
der es wagt zu setzen Fuß oder Hand
auf ihr Heiliges Land.
Lieder des Sieges schallen durch die Nacht
berichten allen von ewiger Stärke und Macht."
Dabei werden in der Gnomensprache scheinbar Ländereien beschrieben, welche jenseits eines nicht weiter beschriebenen Bachlaufes liegen. Bis auf die Information dass all dies in der Nähe der zentralen Talschlüsse der Kron Hügel liegen muss, ist hier nichts zu finden. Da Ginger nicht der Typ dafür ist in Vollzeit zu recherchieren wird sie der Sache nächste Woche weiter nachgehen. Es handelt sich wohl um einen starken, friedlichen Stamm, der extrem territorial zu sein scheint und aus beinahe sagenhaft starken Kriegern bestand.
%----------------------------------------------------------------------------------
"ziqq-ðayp" zitiert Thordin noch einmal die Rune auf dem Buchrücken in seinen Bart hinein. Mit einem Kopfschütteln denkt er an die Tragweite dieser zwei zu hoch gezählten Regalnummer im proto-sulois'schen Alphabet. "Vom Sterblichen zur Larve des Abgrundes. Die Geburt eines Dämonenprinzes" hört Kognoskula noch den Zwerg mit dem Titel des düsteren Bandes beginnen, bevor sich Thordin in diese Biographie eines Dämonen vertieft. "Nimm Dich in Acht, Thordin, Ramyal Enyav, oder Vayne Laymar, oder welchen Namen er nun wirklich trägt, hatte diesen Band zu lange ausgeliehen, als dass er Gutes verheißen mag." Doch der Zwerg blättert schon gebannt auf die zweite Seite.
Tatsächlich muss Thordin oftmals pausieren und an die frische Luft eines Kellers gehen, ja einmal sucht er sogar den Tempel des Moradin auf, um seine Seele zu stärken, so dass sie den fürchterlichen Beschreibungen des Buches besser standhalten möge. Selbstverständlich wird er davor gewarnt dies Schwarze Buch wirklich durch und durch zu studieren. Das Werk ist eine frühe Langschrift eines Kapitels im Demonomicum der legendären Hexe Iggwilv, auch bekannt unter dem Titel Codex Daimonis, einem der schwärzesten Werke welches je verfasst wurde. Doch es kann in den richtigen Händen auch wichtige Informationen zum Bekämpfen eines Dämons enthalten. Unvorbereitete Seelen verzweifeln beim Lesen eines solchen Werkes sehr schnell. Nicht selten erholen sie sich bis zu ihrem baldigen Lebensende nicht davon.
Thordin wird recht bald klar, dass dies eine Biographie des Orcus ist. Der, nicht Gottgeschaffen, Immerdar, simpler Auswuchs des Abgrundes, oder außerweltlichen Ursprungs ist, sondern in einer unbeschreiblichen Tortur die sterbliche Welt verlassen hat, und als Dretch aus dem Styx gekrabbelt ist, ganze siebzehn Seiten sind der Art und Weise gewidemt wie sich diese Dretch noch bevor sie das Ufer erreichen gegenseitig zerfleischen müssen, um sich durchzusetzen. Das Buch vertritt die Meinung, dass Orcus einer der wenigen Ausnahmedämonen ist, welche nicht etwa aus dem ewigen Chaos und Kreislauf des Abgrundes selbst hervorgegangen ist, als Besetzung einer armen Seele, sondern aus einen dunklen Pakt eines Sterblichen mit Demogorgon, vor Urzeiten.
Die Halblingsdame reißt Thordin aus seiner Lektüre: "Hier, versuch' Dich doch bitte einmal an diesem Zauber, Thordin, er bereitet mir wahrlich Kopfschmerzen. Mir kommt die Galle hoch wenn ich versuche zu verstehen, was hier mit 'der Darm wandert in den Oberarm' gemeint ist' pfui!" etwas angesäuert schiebt Kognoskula dem Zwerg das Buch aus Kaggash zu. "...ist Veränderungsmagie. Ich mache jetzt hier weiter." Sie greift sich eine Schriftrolle.
%----------------------------------------------------------------------------------
Eines Abends kehrt Dimble in die Grombir zurück und weiß viel Neues vom Horn zu berichten. Er war bei der Gilde, es ließ ihm keine Ruhe, und Meister von Weißenfels informierte ihn schließlich. "Erinnert Ihr Euch an Hagron Palitok? Den Helden, der einst die Kinder von Marschtal aus den Händen der marodierenden Orcs befreite? Und der dann verschwandt, doch die Stadt ihren Frieden wiederhatte? Er trug einst das Horn mit sich..." Diese Worte lässt Dimble ersteinmal wirken, Burth, Kognoskula und Gilthas grübeln, und suchen in ihren Erinnerungen an das Grab des Hagron Palitok, errichtet auf dem alten Grab des enteigneten Jharstein Laymar auf dem alten Friedhof von Marschtal. Das Grab, das durchstöbert war von einem Nekromanten, vermeintlich vom Schwarzmagier selbst. "Erinnert ihr Euch, es gab keine Überlieferungen wie es diesem einzelnen, sagenhaften Held gelang im Alleingang die Kinderschaar zu befreien? Ich befürchte ich weiß nun wie er es schaffte." Der Gnom nimmt einen Schluck Wein um die Stimme zu beruhigen. "Ein anonymer, unfreiwilliger Geschichtsschreiber, anscheinend ein des Schreibens mächtiger Schreinerlehrling auf Gesellenwanderschaft, hinterließ ihn auf der Rückseite seiner Tischlerzeichnungen, welche in Erikaflock und der Umgebung vielmals benutzt wurden, und somit Einzug in ein Lehrbuch gehalten haben. Man hielt diese rückseitigen Notizen für die Spinnereien eines gelangweilten Schülers, doch es passt alles zusammen. Zufällig liegt hier in Cryllor die Originalschrift, mit den eigenhändigen Zeichnungen des Gesellen selbst. Nun, er berichtet das Folgende:" Noch ein Schluck nimmt der Gnom und Dimble ist bereit zu erzählen. "Hagron Palitok, ein Krieger im Namen des Heironeous, war ein aufrechter Kerl, doch er fiel. Er fiel ab vom Reinen Guten Pfad und opferte sein Seelenheil, seinen Status und sein Leben für das der Kinder. Er nahm die Missgunst des Unbesiegbaren auf sich und verließ den Rechten Weg. Hagron besaß damals das Horn. In der Stunde in der um Leben und Tod der Kinder entschieden wurde, und seine Kräfte - waren sie noch so groß - nicht ausreichten, um Marschtal zu retten, traf er eine schwere Entscheidung. Er betete ein letztes Mal zu Heironeous und setzt das Horn ein. Seine Queste war es eigentlich, das Horn zu zerstören und er war auf dem Weg an einen Ort wo er dies vollbringen wolle, dem prophezeiten Ort des Erwachens der Tarrasque, in dessen Schlund zu werfen er das Horn beabsichtigte. Doch er entschied dagegen. Er wusste um die Macht des Horns und setzte es ein und wandelte sich. Was genau mit ihm passierte ist nicht mit klaren Worten umschrieben aber er muss das Erscheinungsbild einer sechsärmigen Halbschlange angenommen haben, nun mit sechs Schwertern anstatt nur einem. Was dann passierte ist unklar. Tatsache ist jedoch ist, dass der gesamte Orcstamm niemals wieder in irgendwelchen Überlieferungen auftaucht. Im Gegenteil, Stadtschreiber berichten von einem 'erfreulichen Ausbleiben der winterlichen Angriffe'. Die Kinder waren frei und zurück in Marschtal. Doch Hagron kam nie zurück um Dank einzuholen. Jener Schreinergeselle schrieb wörtlich:" Nun zitiert Dimble aus dem Gedächtnis: "'Und die schreckliche, gequälte Kreatur, halb Mensch halb Schlange halb Dämon, in seiner inneren Tortur und seinem Wahnsinn, befiehlt mir weiterzuschreiben, passiere was wolle. Ich blicke nicht hinunter zu meinem verstümmelten Bein, die Schmerzen sind kaumn erträglich. Es bringt einen Talisman hervor, eine Art Kreuz oder Ankh, weiß glühend in den sechs Händen des Wesens. Es tritt zurück...'" Dimble holt Luft, eine Schweißperle rinnt über seine Stirm: "Was dann genau passiert ist unklar, der Schreiber hat nur noch final kommentiert, dass er von nun an, sollte er dies hier überleben, alle Geschichten glauben wird, die er von Teufeln und Dämonen zu hören bekommt. 'Die Maden die aus dem gleißenden Weiß des aufgelösten Körpers gekrochen sind habe ich mit einem Tisch zerquetscht bevor sie mein Bein erreichen konnten'. Das fürchterliche Raunen und Zischen während der Explosion, wie aus dem Jenseits, werde ich nie vergessen. Pelor gib mir die Kraft zu atmen bis meine Wandersbrüder mich hier finden... und lass meinen Verstand dieses Eerlebte überleben.'"