[Kapitel IV] - Intermezzo
Frieder setzte sich wieder an den Tisch wo Hagen gewartet hatte. Offenbar fühlte sich der Kopfgeldjäger nicht wirklich zur Gruppe gehörend. Da fragte man sich schon: waren sie überhaupt eine zusammen gehörende Gruppe? Jedenfalls waren sie gemeinsam an Reichtum gelangt und so eine Zweckgemeinschaft war also für jeden profitabel. Warum also darauf verzichten? Markwardt und Hagen schiene fähige Kämpfer. Solche Kerle waren also zweckdienlich, es sprach demnach nichts dagegen, sehr wohl aber dafür, sie in ihrer seltsamen Gruppe willkommen zu heißen.
Frieder schlürfte am Tee und verzog das Gesicht. Der Tee war kalt geworden. Er schob die Tasse weg.
"Ließ sich nicht öffnen und Leonhard wollte dann auch nicht mehr so richtig. Cordovan probiert es noch."
Frieder überlegte.
"Nunja, um ehrlich zu sein, keiner von uns ist sonderlich erpicht darauf über sich zu erzählen. Sind also alle eher verschlossen."
"Wobei. Cordovan hat mal angeboten, jede Frage gerne beantworten zu wollen."
"Naja, das war zu einem Zeitpunkt als alle ziemlich angespannt waren wegen einer seltsamen Geschichte, die alle ziemlich aufgewühlt hat. Cordovan dachte oder hoffte, damit Vertrauen untereinander schaffen zu können. Hat nicht wirklich funktioniert."
Frieder verschwieg, dass er selbst vehement gegen den von ihm als neugierige Schnüffelei empfundenen Vorschlag gewettert hatte. Nichts desto trotz waren die schweigsamen Kaneraden Leonhard und Markwardt seinerzeit wohl froh gewesen, dass damit das Thema vorläufig begraben war, denn beide hatten nicht ein Wort gesagt. Weder für noch gegen Cordovans Idee.
Frieder schnalzte mit der Zunge.
"Das Verhältnis zwischen Cordovan und mir ist... kompliziert.", er schwieg kurz, schmunzelte dann, scheinbar selbst etwas überrascht über eine Erkenntnis.
"Ich denke aber tatsächlich, dass es sich langsam aber sicher in eine Freundschaft entwickelt. Oder, wenn man das Wort nicht so mag, zumindest das Verständnis, dass man sich auf den anderen verlassen kann.", er lachte laut auf und zwinkerte, "Bin mit aber ziemlich sicher, dass sich Cordovan damit sehr viel schwerer tut als ich. Er hält nicht sonderlich viel von mir, weißt du. Meine... Lebensweise und -ansichten schmecken ihm nicht. Kann sie nicht verstehen, denkt sehr in Schwarz-Weiß. Und ich bin Grau. Sowas von Grau, verstehst du? Meine Motivation passt nicht in sein Weltbild."
"Ich kann zu Cordula wenig sagen, habe sie noch nie getroffen. Sicherlich keine Freundin. Ich habe nicht die geringste Ahnung warum sie die Medizin bereit stellte, die Cordovan und mich vor dem sicheren Tod bewahrte. Ich schulde ihr dafür noch etwas. Cordovan hat, soweit ich weiß, seine Schuld beglichen. Ob das Geld war oder ein Gefallen, keine Ahnung. Aber das könnte ein Grund sein, warum er zu ihrem Verschwinden nichts zu sagen hat. Oder will. Oder darf. Warum hat diese abtrünnige Hexenjägerin Cordula aufgelauert? Ich weiß nicht wirklich etwas über Hexenjäger, Sigmar sei Dank! Warum war sie abtrünnig? Was hat dazu geführt, dass sie verbannt wurde? Ist sie selbst der Hexerei oder Ketzerei verfallen? Na jedenfalls, schon vom Wort her, jagen sie ja wohl offensichtlich Hexen. Also, für mich würde es somit Sinn machen, wenn sie den Verdacht hatte, dass Cordula eine Hexe sei, oder jemanden kannte, der ein Hexer ist. Zum Beispiel diese zweite Person, die wohl im Zimmer war."
"Aber wer würde schon wissentlich eine Hexe decken? Es sei denn man würde dieser Person etwas schulden. Zum Beispiel sein Leben.", er zwinkerte Hagen erneut zu.
Für Frieder war das Ganze ein interessantes, gar faszinierendes Gedankenkonstrukt. Er hatte keinen Einsatz darin, der Ausgang des Spiels war ihm somit völlig egal. Es war eine Übung zur Schärfung des Verstandes, ein Zeitvertreib, der die Langeweile des Nachmittages für einen kurzen Moment vertrieb.