[Kapitel IV] - Intermezzo
In den letzten Tagen hatte Markwardt es sich gut gehen lassen. Er war zweimal im Katjas Kätzchen und hatte dort etwas Silber und Körperflüssigkeit gelassen. Das tat gut und half beim Stressabbau.
Den letzten Abend hatte er nach der Arbeit im Schauermanns' Arme verbracht, der alten Zeiten willen. Doch ohne Burkhard merkte er schnell, dass diese Zeiten vorbei waren. Stattdessen saß er am Tresen, trank einen Schnapps nach dem anderen auf Burkhard und ließ sich volllaufen. Bis schließlich das blöde Arschloch Wolf Biernoth einen dummen Spruch deswegen machte. Er konnte sich gar nicht mehr an den genauen Wortlaut erinnern. Aber es war genau der falsche Zeitpunkt für so etwas. Markwardts Stimmung kippte innerhalb einer Sekunde von Melancholie in flammende Wut. Wut darüber, dass sein Freund tot war, darüber, dass dieser dumme Hundsvott Wolf mal wieder sein Scheiß Maul nicht halten konnte, Wut darüber was er in den letzten Tagen für schreckliche Dinge gesehen hatte. Sein Satz wurden mit jedem Wort lauter:
"Halt... Deine... FRESSE!" beim letzten Wort schlug er Wolf seinen hölzernen Bierkrug per Rückhand ins Gesicht. Der andere Schauermann hatte nicht mit einer derartigen Gewaltexplosion gerechnet und fiel rückwarts vom Barhocker, während ihm sein Kopf ihm in den Nacken zuckte und zwei Schneidezähne wegflogen. Er schlug lang hin, Markwardt sprang auf ihn drauf: "Immer wieder hab ichs gesagt! HALT. DEINE. FRESSE!" Mit jedem Wort schlug Markwardt auf ihn ein. Dann traf ihn ein Tritt in die Rippen von Wolfs Kumpel Fritz, welcher ihn zur Seite warf.
Sofort ging eine Schlägerei los, bei der zwei, die die Situation genauso wie er sahen, zu Markwardt hielten und vier gegen sie waren. Eine Minute verging, in der Fäuste und Stühle flogen, dann wurde er vom kleinen Willi aus dem Laden geworfen und landete unsanft auf dem matschigen Boden der ungepflasterten Straße.
"Ich weiß, dass Deine Eltern Geschwister sind!!"
Brüllte er besoffen in Richtung der geschlossenen Tür, während er sich langsam aufrappelte. Er blutete leicht aus einem Schnitt über der Augenbraue, seine Rippen taten weh. Er richtete sich wieder auf und lachte leise in sich hinein. Dann blickte er in seine rechte Hand. Eine Schnappsflasche, die er noch von der Theke gegriffen hatte als der kleine Willi ihn packte. Er wollte sie ihm eigentlich über den hässlichen Schädel ziehen, war aber nicht mehr dazu gekommen. Sie war wie Du durch ein Wunder intakt geblieben und zu Markwardts Erstaunen noch halbvoll. Er zog den Korken und nahm einen Schluck. Den Korken warf er weg. Er würde ihn nicht mehr brauchen.
In seiner Geldkatze war immer noch etwas Silber und die Woche war fast rum. Angesoffen stolperte er die Straße runter. Eine dunkle Gestalt kam ihm entgegen. Er spürte, wie sie ihn kurz musterte. Markwardt war noch halbwegs gut zu Fuß, hatte ein Schwert und sah streitlustig aus. Nicht gerade die leichte Beute, nach der die Gestalt offenbar suchte. Innerhalb von Sekunden fiel eine Entscheidung und sie ging an ihm vorbei, als wäre nichts.
"Ja, verpiss Dich lieber." murmelte er und hoffte halb, dass der Halsabschneider sich nochmal umdrehen würde. Er tat es aber nicht.
Markwardt hatte bereits ein neues Ziel vor Augen. Von der frischen Luft angeheitert fasste er einen Entschluß. Zielstrebig ging er zwei Gassen weiter und hämmerte mit der Faust an eine Tür.
"Mach auf!" bölkte er. "Ich weiß, dass Du da bist!" er klopfte noch weiter grob an die Tür des geschlossenen kleinen Ladens.
"Was soll der Scheiß, Markwardt?" ein verschlafenes Gesicht blickte aus einem kleinen Fenster in ersten Stock des windschiefen Fachwerkhauses. "Was willst Du?"
"Du musst mir was stechen!"
"Jetzt? Es ist mitten in der Nacht!"
"Jetzt. Dann mach Dir ne Lampe an. Ich hab was gut bei Dir, Erwin!"
Markwardt wachte auf, als ein Stuhl über den Boden kratzte.
"Hmm?"
Frieder und Hagen blickten hoch zu Leonhard, und waren im Begriff, zu ihm zu gehen. Sie waren im Schankraum des Gasthofs "Zur Brücke". Markwardt litt immernoch etwas unter der vorherigen Nacht, die ziemlich eskaliert war. Er war irgendwann im Vorraum des Hurenhauses aufgewacht. Offenbar hatte er es auch nicht weiter geschafft. Er hätte eh nicht mehr das nötige Kleingeld gehabt. Alles versoffen und in eine Tätowierung gesteckt. Die Innenseite seines Linken Unterarms zierte jetzt ein stilisierter Bierkrug, in Erinnerung an Burkhard, mit dem er die besten Sauftouren seines Lebens erlebt hatte. Der Arsch konnte echt was vertragen. Mehr als Markward, wie er sich eingestehen musste. Über der Tätowierung war immer noch eine kleine Schicht Fett aufgetragen, um die Wunde zu schützen.
Müde und mit schmerzendem Kopf, Unterarm und Rippen, aber mit einem grimmigen Lächeln auf den Lippen folgte er den beiden die Treppe hoch.
"Was ist jetzt wieder?" fragte er in Richtung der beiden, kaum hörbar über den Lärm des Schankraums
This message was last edited by the player at 23:23, Sat 25 Dec 2021.