[Kapitel III] - Zweifach
Als Dietgar ihm die Hand entgegenstreckte war er erfreut überrascht und nahm sie ebenso erfreut entgegen. Wider Erwarten schien sich das Blatt zum Guten zu wenden.
Aber Ubersreik wäre nicht Ubersreik wenn nicht im gleichen Atemzug eine Forderung formuliert würde.
Frieder zögerte sichtlich und das spiegelte sich in seiner Mimik, ein für den gewieften Schwindler außergewöhnlicher Lapsus.
"Ich weiß nicht, was diese Geheimniskrämerei soll. Was soll das bezwecken?"
Noch immer die Hand haltend beobachtete er Cordovan aus den Augenwinkeln.
Und ihm wurde etwas schmerzlich, ja gar bedauernd, klar, dass er schon lange nicht mehr ausschließlich auf sein eigenes Wohl zu achten hatte. Er musste auch seine Freunde berücksichtigen.
Wie die Verwandlung des seltsamen Mutanten erfolgte ein ähnliches Schauspiel in Frieders Gesicht, allerdings wesentlich schneller. Seine Miene hellte auf wie durch einen Sonnenstrahl, der Hochnebel wegbrannte und den Blick auf einen herrlichen sonnenbeschienenen Hügel freigab.
"Dies, mein lieber Dietgar, erscheint mir ein vorzüglicher Vorschlag. Die Abmachung gilt!"
Frieder schüttelte nochmal kräftig des Dieners Hand und wandte sich an den Zaubererschmied.
"Ich würde mal vorschlagen, du machst die Lichter wieder aus. Zieht ziemlich die Aufmerksamkeit auf sich und da drüben", er zeigte Richtung Südosten, "sind die Ubersreiker Gardisten auf Patrouille", schlug Frieder seinem Freund vor. Er erwähnte oder wiederholte vor Dietgar nicht die ausdrückliche Anweisung des Richters oder Warnungen anderer Ubersreiker Autoritäten. Satt dessen zuckte er die Schultern.
"Nur ein freundlich gemeinter Vorschlag im Sinne der gerade getroffenen Abmachung, die sicherlich in deinem Interesse liegt und die du zweifelsohne mitzuteilen bereit bist."
Er lächelte Leonhard und Markwardt an.
"Hallo meine lieben Freunde. Schön, dass ihr da seid.", er zeigte auf die Leiche des Mutanten, "Dieses Ding da müssten wir zu der Hausherrin schaffen.", er seufzte geradezu theatralisch erschöpft, "Ihr kommt zur perfekten Zeit. Wenn ihr so lieb wärt und helft?"
Wenn alles nach seinen nicht geäußerten Wünschen lief, würde er selbst nicht mal mit Hand anlegen müssen. Markwardts Schultern waren mehr als doppelt so kräftig wie die des schmächtigen Kartenspielers, das breite Kreuz und die mächtige Brust des Schauermanns waren in dieser Situation nicht nur bei den Frauen äußerst beliebt. Und was das verletzt Bein betraf, nun, da konnte doch bestimmt Leonhard helfen.
Er lächelte freundlich unschuldig.
"Ein Mutant. Wieder einmal. Kein Hexer. Fast richtig. Niemand ist perfekt.", er zuckte erneut die schmächtigen Schultern, legte den Rechen auf die rechte und ging fröhlich eine Melodie der Ubersreiker Stadtwache pfeifend Richtung Ausgang wo gerade Hagen eintraf.
Er zwinkerte diesem vergnügt zu, klopfte ihm anerkennend auf die Schulter und ging ohne weitere Worte weiter.
Sein Magen knurrte, er hatte Hunger. Kein Wunder: er hatte den ganzen Tag noch nicht gegessen.
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